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Der kranke Staat

von Ingo Nöhr

Ingo Nöhr 1. März 2021

Die ständigen Lockdowns zerren an den Nerven der beiden Pensionäre Ingo und Jupp. Seit einem Jahr müssen sie auf ihren traditionellen Plausch in der Eckkneipe verzichten. Der Wirt hat mittlerweile aufgegeben und ist nach Schweden geflüchtet. Auch sonst verzweifeln die Krankenhausmanager am Verstand der verantwortlichen Behörden. In Brüssel hatte sich die ausgebildete Dolmetscherin Sandra Gallina als zuständige EU-Einkäuferin für Impfstoffe von den Profis der Pharmaindustrie gnadenlos über den Tisch ziehen lassen. Zwar günstigere Preise ausgehandelt, aber Lieferung „nach besten Bemühungen“? Professionelle Beschaffung sieht schon bei jedem Einzelhändler etwas anders aus.

Hallo Jupp, wie geht es dir heute? Worüber wollen wir heute mal nicht reden? Hast du schon deine FFP2- Masken von der Apotheke abgeholt?

  • Also Ingo, danke der Nachfrage. Ich will heute nichts vom Ausland hören. Ich bin so schon mächtig geladen, angesichts der Heerscharen von Dumpfbacken um mich herum. Wer hätte das jemals gedacht? Deutschland war mal das Land der Findigen, Macher und Tüftler. Weltweit bewundert wegen unserer perfekten Arbeitsorganisation. Und jetzt: der totale Zusammenbruch der Professionalität. Tägliche Blamage durch planloses Herumwursteln einer ratlosen Regierung. Wir Deutschen sind in den letzten Jahren sehr leidensfähig geworden angesichts der gigantischen Geldverschwendungen durch Inkompetenz: Nimm nur die Hamburger Elbphilharmonie – Kostenüberschreitung um 1.100 Prozent. Aber das ist nichts, verglichen mit dem bislang unübertroffenen Pleiteprojekt der nächsten Jahre: der BER-Flughafen. Und jetzt ist Stuttgart-21 noch besser geworden.

Wie Jupp, Stuttgart-21? Habe ich etwas verpasst? Dort war es doch verdächtig ruhig in letzter Zeit.

  • Klar, beim heutigen Geldverbrennen spielt es noch in der unteren Liga. Der unsinnige Bahnhofumbau hat gerade mit 8,2 Milliarden Euro Ausgaben den BER-Flughafen um eine Milliarde überrundet. Stuttgart 21 wird frühestens vier Jahre später fertig, falls sie überhaupt mit dem schwammigen Untergrund klarkommen. Zur Umsetzung des geplanten Deutschlandtaktes sind - überraschenderweise - weitere vier Tunnelbauten plus ein unterirdischer Zusatzbahnhof erforderlich. Aber immerhin: das Stuttgart-21-Tunnellabyrinth kommt damit auf 105 Kilometer Länge – das könnte ein Weltrekord werden. Man rechnet mit Gesamtkosten bis zu 20 Milliarden Euro, das Fünffache der ursprünglichen Planung bei Baubeginn.

Lass mich raten, Jupp: Beim Deutschlandtakt hat doch sicherlich unser Superminister Scheuer seine Finger im Spiel. Bei ihm spielt Geld längst keine Rolle mehr: das Maut-Desaster, jetzt die Autobahn-GmbH. Arbeitet der überhaupt noch selbst? Oder seine 1245 Mitarbeiter? 2019 hat er 49 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben. Fällt aber nicht weiter auf, denn im Jahr 2020 haben die gesamten Beraterkosten der Regierung fast eine halbe Milliarde Euro erreicht.

  • Mit Sicherheit werden die Berater ihre Honorare zeitnah, wenn nicht schon im Voraus, kassiert haben. Aber wir kleinen Leute haben uns daran gewöhnt, überlebensnotwendige Novemberhilfen im Februar zu erhalten. Mein lieber e-Scooter-Scheuer: in der Zwischenzeit schickte ein Privatmann sein Elektro-Auto mit einer eigenen Rakete in Richtung Mars. So geht modernes Transportmanagement. Schade, dass du nicht dringesessen hast. Wir hätten eine Menge Geld gespart.

Jupp, ich kann deine Wut gut nachvollziehen, wenn ich an die verkackte Digitalisierung Deutschlands denke. Der Bund investiert für den Straßenausbau in Deutschland jährlich 10,5 Milliarden Euro, während er für Datenautobahnen nur 0,39 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Aber das Fiasko kann man dem Scheuer nicht allein anlasten. Die Gründe liegen schon vier Jahrzehnte zurück, wie der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann vor kurzem recherchierte. Helmut Kohl habe 1982 seinem Kumpel Leo Kirch zuliebe auf Kupferkabel gesetzt, um das Privatfernsehen zu fördern. Obwohl sein Vorgänger Helmut Schmidt schon Monate vorher die Installation eines flächendeckenden Glasfasernetzes geplant hatte.

  • Ja Ingo, das ist wohl der Grund, warum Deutschlands Behörden bei der Digitalisierung im EU-Vergleich auf Platz 21 von 28 landeten. Und unsere Schulen liegen im digitalen Lernen noch hinter Moldawien, auf Platz 76 von 78 Teilnehmern. Aber warum haben wir denn heutzutage immer noch kein leistungsfähiges Glasfasernetz? Die Industrie macht doch seit vielen Jahren gewaltigen Druck.

Es sind die Altlasten, Jupp. Im November 1996 ist die Telekom an die Börse gegangen. Als privatisiertes Unternehmen musste sie schnell und einfach Gewinne machen. Es war kein Geld mehr da für die milliardenschwere Investition in teure Glasfaserkabel. Und die teilweise achtzig Jahre alten Kupferkabel konnte man mit einem technischen Trick namens Vectoring etwas schneller machen.

  • Das erklärt aber nicht das Datenchaos bei den archaischen Meldewegen der Gesundheitsämter an das Robert Koch-Institut, mit den Softwareproblemen, verspätet eingehenden oder vergessenen Meldungen. Daraus bastelt das RKI mit mehr als 1000 Mitarbeitern die offiziellen Infektionskennzahlen wie die 7-Tage- Inzidenz oder die Reproduktionszahl R, auf denen letztendlich die brutalen Lockdown-Entscheidungen der Politiker basieren.

Genau diese Zahlen sind doch der Grund, warum die Landesminister regelmäßig nach der „einvernehmlichen“ Ministerpräsidentenrunde bei Merkel das gewohnte Durcheinander anrichten, kaum dass sie Berlin verlassen haben. Sie vertrauen den offiziellen Zahlen selber nicht mehr.

  • Aber Ingo, jetzt wird alles besser werden. Das Robert Koch-Institut (RKI) bekommt demnächst in Wildau ein Zentrum Künstliche Intelligenz in der Public-Health-Forschung mit 100 Mitarbeitern. Mit den KI-Technologien sollen künftig komplexe Datenquellen nutzbar gemacht werden, um etwa Epidemien besser zu analysieren und Frühwarnsysteme weiterzuentwickeln. Die KI soll uns wieder mal retten. Vermutlich kann sie dann auch mit gefaxten Daten umgehen.

Das RKI sollte besser James Daniell kontaktieren. In Eigeninitiative hat der Katastrophenforscher ein eigenes Corona-Dashboard namens Risklayer entwickelt. Jeden Tag sammelt er die Fallzahlen der 401 Kreise und kreisfreien Städte direkt von deren Websites ein und vermittelt somit ein genaueres und schnelleres Bild der Lage. Risklayer liefert seit fast einem Jahr aktuellere Corona-Zahlen, unter anderem an das ZDF. 

  • Ja klar Ingo, altes Prinzip: eine Lösung kann so simpel sein – mit etwas Grips und gesundem Menschenverstand. Du musst mal zu unseren Nachbarn rüber schauen – nach Holland, Belgien, Österreich und der Schweiz. Dort gibt es ein alternatives Alarmsystem, das schnell, billig und anonym funktioniert: Proben aus der Kanalisation. Das Abwasser spiegelt wie bei einer Massentestung direkt das Infektionsgeschehen wider, denn die Virenpartikel lassen sich im Labor nachweisen. In Darmstadt könnte man einen neuen Infektionsherd stadtteilgenau mit Proben aus dem Kanalnetz vor Ort lokalisieren. Aber man wartet auf die Anschlussfinanzierung, ebenso wie Forschungsgruppen in Leipzig, Frankfurt, Berchtesgaden und Oldenburg. Die Politik trödelt leider vor sich hin.

Versteh doch, Jupp. Abwasser ist nicht gerade ein spannendes Thema. Außerdem könnte man dabei versehentlich das peinliche Thema des lokalen Kokainkonsums aufdecken.

  • Das mag ja der Grund sein, Ingo. Aber jetzt ist meine Geduld am Ende. Um auf deine erste Frage zurückzukommen - Ja, ich habe meine sechs Masken abgeholt. Dafür musste ich dreimal zur Apotheke fahren. Beim ersten Mal haben sie mich nach einem Berechtigungsschein gefragt. Da war mein Ausweis nicht genug. Irgendwann erhielt ich Post von der Bundesregierung. Drin waren zwei Scheine, schön gedruckt mit dem Bundesadler. Beim zweiten Besuch waren die sechs „Schutzmasken mit hoher Schutzwirkung“ schon vergriffen. Erst beim dritten Versuch hat es dann geklappt, nachdem ich eine Viertelstunde draußen warten musste. Dafür bin ich im tiefen Winter insgesamt zwanzig Kilometer mit dem Auto gefahren.

Jupp, du weißt anscheinend den großen Aufwand nicht zu würdigen. Man hätte dir die Masken auch einfach mit der Post schicken können. Aber was sollen die zuständigen Beamten in dieser Zeit machen? Däumchen drehen? Nein, das Projekt wurde mit deutscher Perfektion organisiert. Die Krankenkassen mussten 34 Millionen Adressen heraussuchen, die Bundesdruckerei für jeden fälschungssichere Coupons drucken – Kosten: 9,3 Millionen Euro. Jetzt die Coupons an die Berechtigten schicken – Kosten 27 Millionen Euro für das Porto. Damit läuft dann jeder aus der Risikogruppe bei Wind und Wetter zur Apotheke, stellt sich in die Warteschlange und zahlt dann 2 Euro Schutzgebühr. Beim Supermarkt kosten diese Masken unter einem Euro pro Stück. Der Apotheker erhält aber für jede ausgegebene Maske 6 Euro. Ein wahrer Geldsegen – macht 3 Milliarden Euro mehr Umsatz für die deutschen Apotheker. Dankeschön, Herr Spahn. 

  • Warte, Ingo! Jetzt kommt ja noch ein Sahnehäubchen des Irrsinns obendrauf. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC äußert öffentlich Zweifel am Zusatznutzen von FFP2-Masken im Alltag. Der erwartete Mehrwert der universellen Verwendung von FFP2 in der Gemeinschaft sei sehr gering. Kosten und mögliche Nachteile sprächen gegen eine Empfehlung. Der Virologe Hendrik Streeck sieht ebenfalls keinen entscheidenden Faktor im Kampf gegen die Corona-Pandemie und rät generell von der Nutzung der FFP2-Maske ab. Viele Menschen würden die Maske nicht korrekt tragen. Im Arbeitsleben gibt es noch eine weitere Einschränkung. Die Arbeitsschutzvorschriften lassen es nicht zu, dass Arbeitnehmer die Maske länger als 75 Minuten am Stück nutzen. Da das Atmen unter der Maske deutlich schwerer falle, muss der Träger eine mindestens 30-minütige Pause einlegen.

Für mich kommt noch ein anderer Aspekt hinzu, Jupp, den die Maskenverweigerer wohl hocherfreut aufgreifen werden. Mit den Marken tragen wir einen Chemiecocktail vor Nase und Mund, der nie auf seine Giftigkeit und auf etwaige Langzeitwirkungen untersucht wurde. Im Vlies der meisten FFP2- Masken sind neben Polypropylen auch Klebstoffe, Bindemittel, Antioxidantien und UV-Stabilisatoren in großen Mengen zu finden. Manchmal fand man bei Labortests auch zu hohe Konzentrationen an Formaldehyd oder Anilin sowie zusätzlich künstliche Duftstoffe, die den unangenehmen Chemiegeruch überlagern sollen.
Das Blau der OP-Masken enthält meistens Cobalt als Farbstoff. Dazu atmen wir auch noch Mikroplastikfasern aus dem Vliesstoff ein, die genau die richtige Größe haben, um sich in unserer Lunge festzusetzen oder von dort aus weiter durch den Körper zu wandern. Diese Inhaltsstoffe der Masken sind von der CE-Zulassung nicht betroffen, denn es wird nur die Funktionsfähigkeit getestet. Wenn die Maske eine ausreichende Filterwirkung zeigt, wird sie zertifiziert, allerdings ausdrücklich als Einmalartikel wohlgemerkt, wegen des Abriebs bei mehrmaligem Gebrauch. Der Bund spendiert dir aber nur sechs Masken für volle zwei Monate.

  • Ich fasse es nicht, Ingo. Dabei ist bei uns alles bis ins kleinste Detail genormt, aber an die Giftstoffe hat keiner gedacht? Dabei können wir kaum noch eine knackige Bratwurst vom Holzkohlengrill essen, weil man dort krebserregende Stoffe gemessen hat. Wenn wir endlich alle geimpft wären, könnten wir hoffentlich alle Masken vergessen und wieder freiatmend durch die Gegend laufen. Aber seit Wochen wähle ich mir die Finger wund, um überhaupt einen Impftermin zu bekommen. Und wenn ich Pech habe und endlich drankommen könnte, schnappt mir irgendein Politiker oder Verwaltungsfuzzi mit seiner ganzen Familie den Impfstoff vor der Nase weg.

Jupp, du lebst leider im deutschen Staat. In anderen Ländern fährst du einfach an einem Impfstützpunkt vorbei, gibst kurz deine Daten an, machst deinen Oberarm frei, erhältst die Spritze, - und fährst geimpft weiter.

  • In Brasilien solltest du aber darauf achten, ob wirklich der Kolben heruntergedrückt wurde. Denn es könnte sein, dass der kostbare Impfstoff vorher schon anderswo verhökert wurde.

Ja, Jupp der Kampf um den lebensrettenden Impfstoff hat weltweit begonnen. Nur mal zum Nachdenken: Uno-Generalsekretär António Guterres beklagte vor kurzem ein moralisches Versagen der Reichen: 75 Prozent der weltweit vorhandenen Impfstoffe wurden von nur zehn Ländern aufgekauft. Mehr als 130 Länder haben noch nicht eine einzige Dosis erhalten. Dort werden nun die Chinesen und Russen als rettende Lieferanten auftauchen und mehr Einfluss gewinnen. Dabei würden die vom Westen eingekauften 11,3 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff für die gesamte Menschheit ausreichen. Aber so bestellte Großbritannien fast sieben Dosen je Einwohner und Kanada gleich neun Dosen pro jeden. Das ist allerdings sehr kurzsichtig gedacht, denn die mutierten Viren halten sich leider nicht an Ländergrenzen und kommen demnächst aus den Elendsregionen zu uns zu Besuch. Oder wir besuchen sie freiwillig im nächsten Urlaub.

  • Ingo, was schließen wir daraus? Wo man hinschaut in Deutschland – ein komplettes Staatsversagen. Nicht nur im Gesundheitswesen, wo Minister Spahn morgens im ZDF verkündet: „Wir wissen vor allem, wo es die Hauptansteckungspunkte gibt. Nämlich beim Feiern, beim Geselligsein, zu Hause privat oder eben in der Veranstaltung, auf der Party im Klub.“ Abends geht er dann zu einem Dinner mit einem Dutzend Gästen und wird am nächsten Tag positiv auf Corona getestet.

Die Menschen verlieren nach den vielen gebrochenen Versprechungen und einem Jahr Krisenzustand zunehmend das Vertrauen in einen fürsorglichen und kompetenten Staat, vor allem was den Schutz der Kinder, Ältesten und Schwächsten angeht.

  • Aber der Staat versagt doch nicht nur beim Thema Corona, Ingo. Schau dir nur unser Justizwesen an: ein verzweifelter Oberstaatsanwalt erklärt öffentlich, dass die Politik in Berlin die Verbrechensbekämpfung ruiniert habe. Mit zuwenig Personal und veralteter Technik in maroden Büros schafft er immer seltener eine Anklage und zu viele Kriminelle kommen ungestraft davon. 2019 betrug seine Aufklärungsquote 44,7% gegenüber 57,5% in Deutschland.

Oder unser Bildungswesen: Der Präsident des Lehrerverbandes hat auch gerade die Schnauze voll: jahrzehntelang gescheiterte Reformen und jetzt ein katastrophales Krisenmanagement. Sein Schlachtruf: Entmachtet die Kultusministerkonferenz!

  • Die Beispiele können wir unendlich fortsetzen. Wo der Staat seine Finger drin hat, wird es schlimmer. Wie wollen wir die drohende Klimakatastrophe überstehen? Gerade gerät der Golfstrom ins Stottern. Was ist nur mit unserer Regierung passiert? Angela Merkel ist Physikerin, sie hat doch über viele Jahre eine vernünftige Politik betrieben. Wo ist ihr Geschick zur objektiven Analyse und angemessenen Therapie abgeblieben?

Jupp, vielleicht liegt genau da die Ursache: in ihrer Ausbildung. Unbelebte Objekte nach physikalischen Naturgesetzen beobachten und deren Wechselwirkungen beurteilen ist ihre Fachdisziplin. In der Krisenzeit hat sie es aber mit störrischen Menschen zu tun, die sich nicht mehr nach von oben verordneten Grundregeln verhalten, weil ihnen die Sinnhaftigkeit nicht erkennbar ist. Die Gegenströmungen der Querdenker und Widerständler organisieren sich stärker und erreichen immer mehr Verlierer. Die genervten Normalbürger lassen sich nicht mehr ruhigstellen und finden in den alternativen Medien ein machtvolles Sprachrohr.

  • Donald Trump hat die Macht der social media perfekt genutzt und seine wütenden Fans hinter sich versammelt. Ja, Ingo, ich muss zugeben, du hast es schon im Oktober 2018 prophezeit. Die Tage der Obrigkeit sind langsam gezählt. Für viele hart arbeitende Menschen geht es plötzlich um die Existenz und die Hilfe von Vater Staat bleibt aus. Der Respekt wird versagt, das Misstrauen wächst – und mit ihm die Wut.

Der Anfang vom Ende ist da, wenn man seine Kritiker ignoriert. Der Kölner Professor Matthias Schrappe hat als Infektiologe und stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit über viele Jahre die Bundesregierung beraten und argumentiert seit einem Jahr gegen den Lockdown als einzige Corona-Bremse. Er sagte kürzlich in einem Interview: „Ich würde die Kanzlerin natürlich gern beraten, wenn sie eine andere Stimme hören wollte. Aber ich rechne nicht damit, dass sie anruft. Frau Merkel hat sich in einen Tunnel vergraben. In der Risikoforschung nennt man das Kuba-Syndrom, wenn sich eine Führungsgruppe nur mit Menschen umgibt, die alle der gleichen Meinung sind. Dann gibt es nur die dauerhafte Fortsetzung von Fehlern.“

  • Ich fürchte, Ingo, Corona wird unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. Wir werden eine wachsende Entfremdung zwischen Bevölkerung und Politik erleben. Und die Quittung wird uns schon bald präsentiert werden: eine Bundestagswahl, fünf Landtags- und drei Kommunalwahlen in diesem Jahr und weitere vier Landtagswahlen in 2022. Möglicherweise wird die politische Landschaft danach ganz anders aussehen.

Kopf hoch, Jupp. Krisen sind auch immer mit Chancen verbunden. Konzentriere deinen Blick auch auf die positiven Nachrichten der Hilfsbereitschaft, Aufbruchstimmung und Kreativität. Wir können aus unseren Fehlern auch lernen und mit der zunehmend aufmüpfigeren Jugend das verkrustete System renovieren. Denke an die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, als von der Jugend der „Muff von Tausend Jahren aus den Talaren“ weggeblasen wurde. In diesem Sinne lass uns auf die Zukunft anstoßen, die meistens nicht so kommt, wie wir sie uns vorstellen. Prost.

 

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die Einen Schutzmauern, die Anderen bauen Windmühlen.
(Chinesische Weisheit)

Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.
(Mahatma Gandhi)

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird;
aber so viel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.
(Georg Christoph Lichtenberg)

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