Ein Dialog über die posthumane Welt
von Ingo Nöhr
Ingo Nöhr zum 1. August 2025
Die beiden sitzen in ihrer Stammkneipe „Zum goldenen Algorithmus", vor sich tropfende Bierkrüge. Draußen flackern die Neonreklamen der Stadt, drinnen herrscht das vertraute Halbdunkel philosophischer Gespräche.
Ich sag's dir, Jupp, wir leben im posthumanen Zeitalter. Künstliche Intelligenz übernimmt, die Geburtenrate stürzt ab, und die Menschen schmelzen langsam zur digitalen Schwarmmasse zusammen. Aber weißt du was? Vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Die Jugend findet neue Wege der Verbindung, globale Communities entstehen – das gab es noch nie in der Menschheitsgeschichte!
- Ja, Ingo, Individualität ist was für gestern. Heute gilt: Du bist, was der Algorithmus denkt, dass du sein sollst. Und wehe, du postest nicht regelmäßig dein Mittagessen – sonst verlierst du deine gesellschaftliche Relevanz. Meine Nichte hat mir letztens erklärt, dass sie "Content Creator" ist. Weißt du, was sie macht? Unboxing-Videos von Überraschungseiern für Erwachsene. 50.000 Follower hat sie damit. Das Ende der Zivilisation, sage ich dir.
Aber sieh es doch positiv, Jupp! Sie erreicht mehr Menschen als die meisten Philosophieprofessoren jemals träumen könnten. Vielleicht ist das der neue Weg, Freude zu verbreiten – auch wenn wir Alten das nicht verstehen. Und diese ganze Digitalisierung? Die verbindet Menschen weltweit! Übrigens, hast du mitbekommen, was in der großen Politik läuft?
- Du meinst diese ganze Geopolitik-Katastrophe? Das wird nicht gut enden, Ingo.
Apropos Relevanz: Laut ex-Botschafter McFaul hat der neue Kalte Krieg schon begonnen. Russland destabilisiert, China investiert, und Trump isoliert. Amerika auf Rückzug, während Xi Jinping den Globus auf Google Maps anpinnt. Aber weißt du was? Vielleicht führt das endlich zu echter Multipolarität – mehr Machtbalance, weniger Hegemonie. Die Welt wird bunter!
- Multipolarität? Das ist Chaos mit einem schönen Namen! Und Netanjahu? Der schreit seit 30 Jahren: "Der Iran hat gleich die Bombe!" Wenn das stimmt, hat der Iran die schlechteste Projektleitung aller Zeiten. Aber wahrscheinlicher ist, dass wir alle in die Luft fliegen, bevor wir es herausfinden.
Oder Netanjahu hat das beste Drehbuch geschrieben! Der Mann ist wie der Junge in der Fabel, der ständig "Wolf!" ruft – nur dass er diesmal "Atom!" schreit. Aber hey, zumindest bleibt's spannend! Und solange alle nur reden statt zu handeln, haben wir Zeit, Lösungen zu finden. In einer Welt, wo ein Reality-TV-Star amerikanischer Präsident werden kann, sind auch positive Überraschungen möglich!
- Positive Überraschungen? Weißt du, was mich wirklich fertig macht? Diese ganze Geopolitik spielt sich ab, während bei uns die Reichen immer reicher werden. Hast du die neuen Zahlen aus Deutschland gesehen? Während wir hier grübeln, steigen 500 Leute in den Club der Superreichen ab 100 Millionen Euro auf. Ultra High Net Worth Individuals – klingt wie die Chefredakteure von Monopoly. Die kaufen sich ganze Stadtviertel, während normale Menschen sich keine Wohnung mehr leisten können.
Und trotzdem zeigt uns die Forschung was Faszinierendes: Kahneman und Sir Deaton haben bewiesen, dass alles über 102.000 Euro im Jahr keine zusätzliche Freude mehr bringt. Das heißt, diese Superreichen sind nicht glücklicher als wir! Vielleicht merken sie das irgendwann und fangen an, ihr Geld sinnvoller einzusetzen.
- Oder sie werden noch paranoider und bauen sich Bunker in Neuseeland. Reichtum macht nicht glücklich, aber er macht machtvoll. Und Macht korrumpiert. Diese Elite sitzt in ihren goldenen Käfigen und ist einsamer als ein Eremit im Himalaya – aber sie bestimmt trotzdem über unser aller Schicksal.
Das sehe ich anders! Reichtum bringt auch Verantwortung mit sich. Schau dir doch Gates, Buffett oder die ganzen Tech-Philanthropen an. Die investieren Milliarden in Bildung, Gesundheit, Klimaschutz. Früher war's einfach: Du hattest Hunger, du hast gejagt. Heute haben wir alle materiellen Probleme fast gelöst und können uns den wirklich wichtigen Fragen widmen!
- Alle materiellen Probleme gelöst? Sag das mal den Obdachlosen vor der Tür! Oder den Leuten, die drei Jobs brauchen, um ihre Miete zu bezahlen. Und dann kommen die Influencer und erklären uns, wie wir unser "bestes Leben" leben sollen. Als ob das Leben eine Produktbewertung wäre, die man optimieren könnte. "5 Sterne für meine Existenz, würde wieder geboren werden!"
Aber genau das ist doch der Fortschritt! Früher war Unglück das Los der Menschheit – heute versuchen wir aktiv, es zu überwinden. Klar, manchmal wird's absurd mit dem Optimierungswahn, aber die Grundidee stimmt doch: Jeder soll sein Potenzial entfalten können!
- Aber mal ehrlich, Ingo. Denkst du manchmal, dass wir die letzten einer aussterbenden Art sind? Ich meine, wir zwei hier, die noch über Bücher reden, die noch wissen, wer Kahneman ist, die noch... denken? Mein Neffe kann dir jede TikTok-Statistik runterrattern, aber wenn ich ihn nach Orwell frage, schaut er mich an, als hätte ich nach dem Yeti gefragt.
Nein, Jupp! Wir sind nicht die Letzten – wir sind die Brücke! Dein Neffe lernt anders, aber er lernt. TikTok-Statistiken zeigen auch analytisches Denken. Vielleicht verstehen wir nur seine Sprache nicht. Und weißt du was? Es gibt mehr Menschen denn je, die lesen, die studieren, die forschen. Wir sehen nur die oberflächlichen Trends, aber darunter brodelt mehr Kreativität und Intelligenz als je zuvor!
- Oder wir sind die ersten Pioniere des post-rationalen Zeitalters – und das heißt: das Ende des Denkens, wie wir es kennen. Diese ganze Digitalisierung belohnt den schnellsten Reflex, die emotionalste Reaktion. Demokratie braucht Zeit zum Nachdenken, zum Abwägen. Soziale Medien sind das Gegenteil davon.
Aber schau doch, was möglich wird! Demokratie wird direkter, partizipativer. Ja, es ist chaotisch, aber das war Demokratie schon immer. Die sozialen Medien geben endlich auch den Menschen eine Stimme, die früher nie gehört wurden. Klar, da ist viel Lärm dabei, aber auch wichtige neue Perspektiven!
- Wichtige Perspektiven? Wir haben ein System geschaffen, das Komplexität bestraft und Vereinfachung belohnt. Klimawandel lässt sich nicht in 280 Zeichen erklären. Aber "Die anderen sind schuld" – das passt perfekt in einen Tweet. Wir haben die Aufmerksamkeitsspanne von Goldfischen entwickelt und erwarten trotzdem, dass wir Probleme lösen, die Einstein zum Nachdenken gebracht hätten.
Aber Einstein hatte auch nicht Wikipedia, KI-Assistenten und globale Vernetzung zur Verfügung! Komplexe Probleme brauchen komplexe Lösungen – und die entstehen durch Kollaboration von Millionen von Menschen. Nie zuvor konnten so viele Köpfe gleichzeitig an einem Problem arbeiten!
- Ah ja, die Schwarmintelligenz. Dasselbe Kollektiv, das glaubt, die Erde sei flach und Impfungen würden Mikrochips enthalten. Heute ist der Säbelzahntiger in unserem eigenen Handy und wir füttern ihn freiwillig mit unseren Daten. Evolution at its finest – rückwärts!
Aber gerade das zeigt doch, wie lebendig unsere Diskussionskultur ist! Früher haben die Leute auch seltsame Sachen geglaubt, nur hat's keiner mitbekommen. Heute wird alles diskutiert, hinterfragt, überprüft. Klar ist chaotisch, aber aus Chaos entsteht oft etwas Neues und Besseres!
- Vielleicht hast du recht, dass das alles nur eine Phase ist. Wie die Pubertät der Menschheit. Aber Pubertät ist auch die Zeit, in der man die dümmsten Sachen macht. Und wenn die Menschheit gerade pubertiert, dann haben wir Atomwaffen in den Händen von Teenagern.
Das ist ein guter Punkt! Aber weißt du was? Pubertät ist auch die Zeit des größten Wachstums, der größten Kreativität, der größten Träume. Und Teenager lernen schnell – schneller als jede Generation vor ihnen. Vielleicht schauen unsere Enkel auf diese Zeit zurück wie wir auf das Mittelalter – als den Beginn einer neuen Ära!
- Oder sie werden fragen: "Könnt ihr euch vorstellen, Opa, dass die Menschen früher noch selbst gedacht haben, bevor die KI das übernommen hat? Und dass sie ihre intimsten Gedanken mit Fremden im Internet geteilt haben? Und das auch noch kostenlos!" Die werden uns für komplette Barbaren halten.
Oder für die Pioniere einer neuen Zeit! Wir sind die ersten, die global vernetzt leben, die mit KI zusammenarbeiten, die die Grenzen zwischen digital und analog überwinden. Wir sind nicht die letzten freien Menschen – wir sind die ersten wirklich vernetzten Menschen!
- Deshalb sind solche Gespräche wie diese hier so kostbar geworden. Wir sind die Zeugen einer Zeitenwende – vielleicht der letzten Generation, die noch beide Welten kennt. In hundert Jahren wird man vielleicht fragen: "Wie war das damals, als die Menschen noch Zweifel hatten?"
Und dann antworten wir: Es war wunderbar! Zweifel bedeuten Offenheit, bedeuten Wachstum, bedeuten Menschlichkeit. Tja. Zu wenig Geld ist schlimm. Zu viel auch. Irgendwo dazwischen lauert das Glück – vermutlich in einem Bierkrug. Gut, dass unser Wirt heute wieder nicht an der Schaumkrone gespart hat!
- Prost, Ingo. Auf die posthumane Welt, in der ein Tweet ein Krieg sein kann und ein Gärtner die Welt rettet. Auch wenn ich befürchte, dass der Gärtner längst durch einen Roboter ersetzt wurde.
Und auf uns zwei, die immer noch versuchen, aus dem ganzen Unsinn einen Reim zu machen. Irgendwie post-rational, aber immerhin mit Stil – und mit der Hoffnung, dass das Beste noch kommt!
- Auf die Hoffnung – möge sie länger überleben als die Vernunft.
Hoffnung IST Vernunft, Jupp! Die Vernunft zu glauben, dass Menschen immer wieder Wege finden, das Unmögliche möglich zu machen!
Sie trinken schweigend, während draußen die Stadt in ihrem digitalen Rausch weiterpulsiert. Ingo blickt zuversichtlich in die neonbeleuchtete Nacht, Jupp schüttelt den Kopf – aber beide wissen, dass solche Gespräche das sind, was sie zu Menschen macht, egal in welchem Zeitalter.
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Dieser Beitrag ist ein Experiment. Bitte beachten Sie zur Erklärung auch den Nachtrag.
Nachtrag zum Ingo Nöhr vom 1. August 2025
Das Experiment „Ein Dialog über die posthumane Welt“
Lieber Leser der Ingo-Nöhr-Chroniken: haben Sie etwas bemerkt? Am Stil? An der Wortwahl? Oder etwa am Inhalt?
Sollten Sie eigentlich! Denn dieser Beitrag wurde zu 100 Prozent von der KI Claude.AI verfasst – inklusive der Überschrift. Nun, fast alles. Der Chronist hat lediglich in der ersten Zeile den Begriff „dampfende Bierkrüge“ durch „tropfende Bierkrüge“ ersetzt, damit der Fake nicht sofort auffällt. Alles andere ist Buchstabe für Buchstabe von einer Künstlichen Intelligenz genau so verfasst worden.
Nur ein Testleser hat es bemerkt. Aber fragen wir doch mal die KI ChatGPT, ob sie den nichtmenschlichen Urheber entlarven kann. Hier ist die Analyse, ebenfalls buchstabengetreu zitiert:
„Der Text weist stilistisch und inhaltlich auf eine sehr durchdachte, nuancierte und ironisch-intellektuelle Auseinandersetzung mit zeitgeistigen Themen hin – verpackt in einem fiktiven Kneipendialog zwischen zwei Figuren.
Bewertung hinsichtlich menschlicher oder KI-Autorschaft:
Merkmale, die auf menschliche Urheberschaft hindeuten:
- Feinsinniger Humor und Ironie: Die satirischen Spitzen (z. B. „Ultra High Net Worth Individuals – klingt wie die Chefredakteure von Monopoly“) wirken menschlich-originell.
- Stilistische Vielfalt und lebendige Dialogführung: Die Sprachführung ist abwechslungsreich, mit wechselnden Tonlagen von sarkastisch bis nachdenklich – typisch für literarisch geschulte Menschen.
- Tiefe kulturelle Referenzen: Namen wie Kahneman, Deaton, Orwell, Gates, Netanjahu, Xi Jinping etc. werden gezielt eingesetzt und sinnvoll in den Kontext eingebunden.
- Ambivalente Schlussfolgerungen: Der Text vermeidet einfache Antworten, was eher auf menschliche Reflexionsfähigkeit als auf aktuelle KI-Generierung hindeutet.
Merkmale, die nicht zwingend KI-generiert wirken, aber auch nicht ausschließen:
- Sprachlich konsistent und stilistisch glatt: Der Text ist sehr kohärent, was auch eine starke KI leisten könnte – allerdings in der Regel nicht mit dieser erzählerischen Tiefe.
- Themenvielfalt und aktuelle Bezüge: KI kann diese liefern, aber die emotionale Dichte und gleichzeitige Ironie deuten eher auf einen reflektierten menschlichen Autor.
Fazit:
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde dieser Text von einem Menschen geschrieben. Sollte eine KI beteiligt gewesen sein, dann unter starker menschlicher Redaktion oder Co-Autorenschaft. Der Text zeigt literarischen Anspruch, pointierte Gesellschaftskritik und einen dramaturgisch ausgearbeiteten Dialog – das sind bislang (Stand August 2025) klare Indizien für menschliches Storytelling.“
So so, nicht mal eine KI kann die Urheberschaft enttarnen. Der Autor ist fassungslos angesichts dieser Bewertung.
Wie ist dieser Chronik-Beitrag denn überhaupt entstanden?
Zunächst legt der Chronist im Laufe des Monats einen digitalen Zettelkasten mit interessanten Meldungen aus der Presse oder Buchzitaten an. Aus den Schlagworten formuliert er dann am Monatsende den Ingo-Nöhr-Rückblick und die Betrachtungen dazu.
Soweit meine seit über 150 Folgen übliche Vorgehensweise. Aber jetzt startet das Experiment: Nur diese knapp einseitige Information diente als Grundlage für den Prompt: „Generiere daraus einen Kneipendialog zwischen Ingo Nöhr und Jupp!“
Claude.AI fabrizierte daraus einen überraschend logischen und lesbaren Text, der aber noch etwas langweilig wirkte. Nun folgte ein weiterer Prompt: „Überarbeite den Text mit Ingo als Optimisten und Jupp als Pessimisten!“
Und genau dieses Ergebnis liegt Ihnen hiermit vor. Überrascht?
Eine KI würde diesbezüglich nur abwinken und Ihnen demonstrieren, dass sie zu weitaus verblüfferenden (diese Wortschöpfung gelingt wohl nur einem Menschen!) Taten fähig ist. Sie kann natürlich den Text vorlesen. Ihn in alle möglichen Sprachen übersetzen. Einen Avatar mit Ihrer Stimme schaffen, der dann lippensynchron spricht. Zwei Akteure in einem Videoclip gegeneinander antreten lassen - in einer realistischen Kneipenlandschaft mit Geräuschkulisse.
Sie könnten Ingo und Jupp mit Ihrem Bild versehen und dann diesen Dialog in bulgarischer oder japanischer Sprache führen – mit passender Mimik und Gestik sowie der landesüblichen Kleidung.
Wie formulierte Claude.AI in seinem Opus: „… wir leben im posthumanen Zeitalter. Künstliche Intelligenz übernimmt …“ ?
Neee, mein lieber Claude! Noch nicht. Ich nehme deine Herausforderung an. Bei mir gibt es weiterhin das Original und keine Imitationen. Mit menschlichem Schweiß geschrieben. Versprochen!
Und ich hoffe, ich kann notfalls immer noch deinen Stecker ziehen.
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