Bundestag ändert Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz
von Rudi Wuttke
Die AfD, die FDP und die Linksfraktion haben sich enthalten
Der Bundestag hat am 15. April 2021 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Änderung des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes“ (Drucksache 26942) in zweiter und dritter Beratung behandelt und diesen in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (Drucksache 19/28517) angenommen.
CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen stimmten für den Entwurf; die AfD, die FDP und die Linksfraktion sahen das Gesetz grundsätzlich zwar als notwendig und richtig an, enthielten sich aber wegen abweichender Vorstellungen bei der Regelung von Details.
Durch das Gesetz werden Anpassungen im Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) und weiteren Gesetzen vorgenommen, die aufgrund der coronabedingten Verschiebung des Geltungsbeginns der EU-Verordnung 2017 / 745 über Medizinprodukte vom 26. Mai 2020 auf den 26. Mai 2021 notwendig geworden sind.
Die jetzt beschlossenen Änderungen betreffen neben Übergangsvorschriften vor allem
- eine Neufassung der Meldepflichten des Prüfers oder Hauptprüfers an den Sponsor einer klinischen Prüfung. Danach erfolgt eine zeitliche Differenzierung, welche unerwünschten Ereignisse unverzüglich und welche nach den zeitlichen Vorgaben des Prüfplans zu melden sind (§ 63 MPDG - neu -)
- detaillierte Verfahrungsregelungen für die Risikobewertung von Medizinprodukten im Eigentum der Patienten, wie insbesondere Implantate. Deren Abgabe an den Hersteller oder die zuständige Bundesoberbehörde erfordert eine vorherige Zustimmung des Patienten oder seines Vertreters. Wenn eine zerstörende Untersuchung erforderlich ist, muss eine Fotodokumentation erstellt werden. Diese ist dem betroffenen Patienten auf Nachfrage zusammen mit einer Kopie des Untersuchungsberichts auszuhändigen (§ 72 Abs. 6 MPDG - neu -) sowie
- eine Erweiterung der Marktüberwachung auf über das Internet oder über eine andere Form des Fernabsatzes zum Verkauf angebotene Produkte nach Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/745 (§ 85 Abs. 1b MPDG - neu -).
Änderungsforderung des Bundesrates wurde berücksichtigt:
Zertifizierung von Gesundheitseinrichtungen und Aufbereitern
In seiner 1000. Sitzung am 12. Februar 2021 hatte der Bundesrat als Länderkammer bereits eine Änderungsforderung zu dem Gesetzentwurf beschlossen (Drucksache 19/26942, Anlage 3), die Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen für die nationale Anerkennung und Überwachung von Benannten Stellen für die Zertifizierung von Gesundheitseinrichtungen und externen Aufbereitern von Medizinprodukten vorsieht. Dieser Vorschlag fand Zustimmung und Aufnahme in das MPDG (§§ 17b und 17c MPDG - neu -).
Die Aussprache von 30 Minuten am 15. April 2021 ist als Video auf der Internetseite des Bundestages nachverfolgbar und auch im Protokoll der 221. Plenarsitzung nachlesbar (Seiten 28001 bis 28007). BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben dem Gesetzentwurf zugestimmt, auch wenn sie „noch Verbesserungsbedarf sehen, insbesondere eine verpflichtende Haftpflicht für Anwender, Betreiber und Hersteller von Medizinprodukten“, so ihre Abgeordnete Kordula Schulz-Asche. Nach ihrer Auffassung ist „auch bei den zertifizierten Benannten Stellen noch viel Luft nach oben“.
Warum AfD, FDP und Linksfraktion Vorbehalte hatten
Nach Ansicht der AfD „lässt der Entwurf bei der Umsetzbarkeit und leider auch der Patientensicherheit Fragen offen, wo es um die Einwilligung beim direkten Patientenkontakt geht oder um Fälle, wo es wegen der Zuständigkeit verschiedener Landesbehörden zu unterschiedlichen Auffassungen kommen könnte“ (Dr. Robby Schlund). Nach Meinung der FDP hat die Anhörung bei zwei Punkten Nachbesserungsbedarf ergeben, dem nicht entsprochen wurde: die Verfahrensordnung bei Medizinprodukten im Eigentum des Patienten, die auf mögliche Risiken geprüft werden sollen und die Überwachung des Marktangebots von Medizinprodukten aus Drittstaaten im Internet. Hier sieht das Gesetz eine Überwachung durch die Länder vor, während die FDP eine bundeseinheitliche Regelung vorgezogen hätte, so der Abgeordnete Dr. Wieland Schinnenburg.
Es hätte „die Gelegenheit gegeben, das Gesetz zu nutzen, um die vielen Baustellen, die es im Medizinprodukterecht noch gibt, anzupacken“, monierte Harald Weinberg von der Fraktion „Die Linke“. „Da haben wir aber in der gesamten Diskussion um die Nutzen-Risiko-Bewertung vor allen Dingen von Medizinprodukten höherer Risikoklassen in der EU erlebt, dass die Bundesregierung eher auf der Bremse als auf dem Gas steht. Eine Zulassung durch eine Behörde vergleichbar der FDA in den Vereinigten Staaten gibt es nicht, nicht einmal für Hochrisikoprodukte“, so der Abgeordnete weiter.
Zwei weitere im Rahmen die Aussprache behandelte Anträge fanden bei der Abstimmung keine Mehrheit:
- Anpassungen der Coronavirus-Teststrategie für das Jahr 2021 (Fraktion der FDP, Drucksache 19/26189) und
- Kapazitäten für Schnelltests massiv ausbauen, Selbstanwendung erlauben und Public-Health-Screenings ermöglichen (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 19/25705, Quelle: Bundestagsmaterialien).
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