Ingo Nöhr zum 1. Juli 2025
Jetzt ist es passiert: die beiden Diskutanten Ingo und Jupp sind völlig überfordert – erstens mit dem Weltgeschehen und zweitens mit den tropischen Temperaturen. Die Überfütterung mit den Sensationsnachrichten in schneller Folge – das ist zu viel für die in unzähligen Krankenhauskrisen abgehärteten Manager. Die Konsequenz: Bei diesem Wetter gibt es keine tiefschürfenden Analysen und Debatten darüber, sondern nur noch kurze Kommentare und spitze Bemerkungen. Der Chronist nimmt es aufatmend zur Kenntnis.
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Jupp, hast du mitbekommen, dass Trump sich öffentlich bei Gott für den Iran-Angriff bedankt hat?
- Ja, und er meinte das nicht mal metaphorisch! Ich hab mich gefragt, ob er demnächst ein Verteidigungsabkommen mit dem Himmel schließt. „Artikel 5: Wenn du mich liebst, segne meine Bomben.“
Oder Gott ins Kabinett beruft. Vize-Minister für Militärsegen. Der aktuelle Papst ist ja nicht zu gebrauchen. Frank Zappa hat das schon früh erkannt: „Politik ist die Unterhaltungsabteilung der Rüstungsindustrie.“ Wobei, ehrlich gesagt: Wenn Gott wirklich auf seiner Seite ist, versteh ich nicht, warum dann ein Supermarkt-Gärtner die Terrorprävention leitet.
- Du meinst diesen Thomas Fugate, im blühenden Alter von 22. Jahren? Der hat vorher mit großer Trump-Begeisterung Tomaten umgetopft und jetzt darf er Al-Qaida beim Wachsen beobachten. Getreu dem Motto von Umberto Eco: „Wir leben in einer Gesellschaft, in der Idiotie romantisiert wird.“ Fehlt nur noch, dass demnächst ein TikTok-Star das Pentagon übernimmt.
Jupp, die sind wahrscheinlich schon in der Pipeline. Vielleicht eine geniale Strategie von unserem Donald: Die Bösen sollen sich totlachen. Das könnte allerdings gegen die Menschenrechte verstoßen. Und währenddessen diskutieren sie bei Fox News, ob Trump für seinen Präventivschlag gegen den Iran den Friedensnobelpreis kriegen sollte. Er hat schließlich mit einem Scholz’schen Bazooka-Wumms schlagartig die Welt sicherer gemacht.
- Klar doch, Ingo. Vielleicht auch gleich den Literaturnobelpreis – für seine Tweets. Schließlich hat er sich auch zum Kulturpapst ernannt: "Wir haben das Kennedy Center übernommen. Uns gefiel nicht, was sie dort zeigen" und kann nun für das Nobelkomitee seine exzellenten Referenzen einbringen.
Dazu den Medizinpreis für die Idee mit dem Desinfektionsmittel gegen Corona. Und den Hollywood-Oscar nicht zu vergessen - für seine schauspielerische Leistung auf allen Weltbühnen. Jupp, was macht denn der andere Weltstar zurzeit? Es ist plötzlich so ruhig geworden.
- Elon Musk hat sich jetzt selbst als „Chief Earth Optimizer“ bezeichnet, nachdem sein Genie von Trump und dessen Kumpanen nicht mehr entsprechend gewürdigt wurde. Elon meditiert gerade in einer SpaceX-Kapsel über dem Atlantik über seine neue Bewegung „MarsJetzt“. Er muss leider warten, bis die Techniker seine Starship-Rakete wieder ohne Umfallen und Explosion landen können.
Jupp, wahrscheinlich hat sich die installierte KI nur geweigert, ihn unfallfrei landen zu lassen.
- Sein neuester Coup, nachdem sein Robot-Taxi gerade die Straßen von Austin unsicher macht: Er hat angeblich eine KI entwickelt, die Gesetzesentwürfe schreibt, Wahlen simuliert und gleichzeitig seine Kinder erzieht. Das Ding heißt „ElonGPT“ - wird aber in der Kinderversion nur „Papa 2.0“ genannt. Natürlich mit integriertem Zitat-Generator: „Die Menschheit muss multiplanetarisch werden.“ Funktioniert als Antwort auf alles – sogar beim Finanzamt. Seine Steuererklärung 2025 war laut Forbes eine fünfseitige Emoji-Datei. Die Prüfer haben’s genehmigt - aus Angst, die KI könnte sie aus dem Organigramm löschen.
Die EU-Beamten und Ethikräte haben verzweifelt überlegt, wie man künstlicher Intelligenz Moral beibringt. Das ist, als würde man einer Motorsäge Manieren beibringen. Mir scheint, die Ethik-Debatte funktioniert ja eh wie ein Feigenblatt aus Excel-Tabellen. Kaum jemand beim DOGE fragt: „Wer entscheidet, was gut ist?“ Sondern nur: „Liebst du Donald Trump?“ – Hauptsache, der KI-Assistent sagt freundlich „Bitte“ beim Rausschmiss. „Das Problem ist nicht, dass Maschinen denken wie Menschen, sondern dass Menschen denken wie Maschinen.“
- Ingo, der Spruch passt genau, schau hier, die Schlagzeile der letzten Stunde: „KI-generiertes Bundesverfassungsgericht entscheidet: Wochenende jetzt gesetzlich auf Dienstag und Mittwoch verlegt – zur Systementlastung.“ Somit kann im Sinne von Kanzler Friedrich Merz am Samstag und Sonntag durchgearbeitet werden und der ganze religiöse Klimbim fällt zeitsparend weg.
Jupp, jetzt lass uns aufhören – unsere Gehirne haben sich schon mit dem Irrsinn infiziert – ob durch Lachen oder durch Verzweiflung, ich weiß es nicht mehr. Wir können sogar nicht mehr die KI um Rat fragen - ChatGPT hat sich aus Protest gegen Überlastung gerade selbst zur Ruhe gesetzt. Damit verzichtet sie aber auch auf die Zensur unserer negativen Gedanken.
- Du hast recht, Ingo. Wenn sogar die Maschinen Burnout kriegen, sollten wir Menschen langsam mal den Stecker ziehen.
Ich sag dir, Jupp, am Ende rettet uns nur eins: Bier, Bücher und bissiger Humor. Gegen KI, Kapitalwahnsinn und Kanzler-Avatare. Und wie erkannte schon annodazumal Friedrich Schiller: „Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“
- Ich kontere deinen Spruch mit Karl Kraus: „Die Welt ist ein Irrenhaus. Früher war sie es nur im Erdgeschoss, heute in allen Stockwerken.“ Dann lass uns also aufrüsten – mit Gerstensaft und gesundem Menschenverstand. Und auf keinen Fall das Menschliche auslagern. Ingo, auf uns – die letzten analogen Philosophen am Biertresen!
Prost, Jupp. Vielleicht sind wir nicht digital unsterblich – aber wenigstens echt.
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„Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“ (Mahatma Gandhi)
„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“ (Arthur C. Clarke)
„Eine Lüge ist schon dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.“ (Mark Twain)